Susanne Kogler
“The fragility of sound” On Possible Connections between Aesthetics and Politics in the 21st Century​

In der Philosophie der Nachkriegszeit spielt die Frage nach einem adäquaten Verständnis des Politischen eine große Rolle. Hannah Arendt und Theodor W. Adorno stellten diese vor dem Hintergrund ihrer Erfahrungen in Deutschland nach 1945, wo sie nach wie vor Residuen einer totalitären Einstellung wahrnahmen. Für beide ist die Kunst zentral, um wichtige Aussagen über die Gesellschaft und deren Status zu treffen, und beide definieren das Politische als einen Bereich der Interaktion, in dem für die Gemeinschaft relevante Fragen zur Diskussion gestellt werden. Von diesen Überlegungen ausgehend, behandelt der Vortrag die Frage, wie Kunst heute politisch sein könnte. Dabei wird die Kategorie der Fragilität des Klanges ins Zentrum gestellt. Diese spielt eine wesentliche Rolle in der Ästhetik Jean-François Lyotards, der an Adorno und Ahrendt anknüpfend ein neues, von der Musik ausgehendes Zeitverständnis in der Kunst des 20. Jahrhunderts als wegweisend ansah: eine Wahrnehmung des Augenblicks, in dem die Fragilität des Lebens wahrnehmbar wird. Seine Überlegungen treffen sich mit Adornos Auffassung des Sublimen in der Moderne und Arendts Vorstellungen von Kreativität, die Julia Kristeva in ihrer Biografie der Philosophin mit dem Titel „Das weibliche Genie“ behandelte. Die theoretischen Überlegungen werden von Klangbeispielen begleitet, die eine besondere Qualität des Hörens zur Voraussetzung haben und diese auch von den Zuhörenden fordern. Sie sollen zugleich als exemplarisch für eine mögliche politische Dimension aktueller Kunst zur Diskussion gestellt werden.

Susanne Kogler combines music-aesthetic, analytical and historical perspectives in her research, specifically focusing on music from the 19th to the 21st centuries. Her numerous publications address language and music (song, opera, music theatre), modern and postmodern aesthetics (music and nature, temporal forms, performativity, expression, gesture, electronics, multimedia), contemporary creation and gender issues. Current interests concern the methodology and possibilities of music history and critical aesthetics in the digital age, the change in cultural topographies, music (science) after 1945 and research on the Third Reich.